Nach entsprechender Vorankündigung muss der Wohnungsmieter als vertragliche Nebenpflicht dem Vermieter den Zutritt zu seiner Wohnung gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt.
BGH-Urteil v. 26.04.2023 – VIII ZR 420/21
Der BGH hat eine weitere strittige Frage im Mietrecht geklärt: Welche Voraussetzungen müssen vorliegen, damit der Vermieter eine vermietete Wohnung betreten darf?
Zum Sachverhalt:
Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Kläger. Der am 9.6.2017 geschlossene Mietvertrag enthält eine Regelung, die besagt, dem Vermieter oder seinem Beauftragten oder beiden stehe aus besonderem Anlass (insbesondere im Fall der Beendigung des Mietverhältnisses zwecks anderweitiger Vermietung oder bei beabsichtigtem Verkauf der Mietsache) die Besichtigung der Mieträume zu verkehrsüblicher Tageszeit nach vorheriger rechtzeitiger Ankündigung an Werktagen (auch samstags) frei. Aufgrund einer schwerwiegenden psychischen Erkrankung lehnte die Mieterin bereits im Jahr 2019 Besuche der Vermieter mit Immobilienmaklern u. A. ab.
Der Duldungsklage der Vermieterin wurde zunächst stattgegeben und die Mieterin verurteilt, den Klägern oder einer von ihnen mit schriftlicher Bevollmächtigung ausgestatteten Person nach schriftlicher, zeitlich mindestens eine Woche vor dem Termin liegender Ankündigung in dem vorgenannten Zeitraum Zutritt zu der Mietwohnung, beschränkt auf die Anwesenheit von maximal zwei Personen für die Dauer von maximal 45 Minuten, zu gewähren. Auf die Berufung der Beklagten, wurde nach einem psychiatrischen sachverständigenguthaben eingegangen und die Klage im Nachhinein abgewiesen.
Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrten die Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Zur Entscheidung:
Die vom Berufungsgericht vorgebrachte Beurteilung hielt rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat, wie die Revision mit Recht rügt – unter Verstoß gegen § 286 Abs. 1 ZPO das von ihm eingeholte psychiatrische Sachverständigengutachten nicht vollständig gewürdigt. Während der Dauer des Mietverhältnisses ist das alleinige und uneingeschränkte Gebrauchsrecht an der Wohnung zwar dem Mieter zugewiesen, jedoch besteht, wie der Senat bereits entschieden hat, eine vertraglich herzuleitende Nebenpflicht des Mieters, dem Vermieter nach entsprechender Vorankündigung den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren, wenn es hierfür einen konkreten sachlichen Grund gibt.
Die Vermieter haben im Hinblick auf die von ihnen beabsichtigte Veräußerung der Wohnung grundsätzlich ein Recht auf Betreten der vermieteten Wohnung. Denn angesichts der mit diesem grundsätzlich berechtigten Grund einhergehenden lediglich geringfügigen Beeinträchtigung der geschützten Interessen des Mieters werden diese regelmäßig hinter dem ebenfalls geschützten Interesse des Vermieters, über sein Eigentum frei verfügen und dieses bei Bedarf veräußern zu können, zurückgestellt. Des Weiteren hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass aufgrund einer psychischen Erkrankung des Mieters eine Einschränkung des Betretens der Wohnung durch den Vermieter im Bereich des möglichen wäre und hat deshalb zurecht ein psychiatrisches Guthaben eingeholt. Es wurde nicht übergangen, dass die Erkrankung des Mieters schon mehrere Jahre besteht und es wurde festgestellt, dass die Abweisung der Klage einen erheblichen Eingriff in das Eigentumsrecht der Klagepartei bedeute. Hierbei hat das Berufungsgericht eine Besserung des Gesundheitszustands der Beklagten nicht für wahrscheinlich erachtet und darauf hingewiesen, dass im Fall des Eintritts einer solchen Verbesserung nicht nur weniger einschneidende Maßnahmen als das Betreten der Wohnung in Anwesenheit der Beklagten in Betracht kommen könnten, sondern das Betretungsrecht insgesamt neu bewertet werden müsste.
Demnach ist festzuhalten, dass immer je nach Situation abgewogen werden muss, wenn es darum geht, ob und in welchem Maße der Vermieter eine vermietete Wohnung betreten darf. Wie Anfangs erwähnt, hatte das Berufungsurteil aufgrund von Verfahrensfehlern während der Auseinandersetzung mit dem psychiatrischen Guthaben keinen Bestand. Daher wurde es vom BGH aufgehoben und zur neuen Verhandlung zurück an das Berufungsgericht verwiesen.
Instanzen:
AG Hersbruck, Entscheidung vom 11.08.2020 – 4 C 1007/19
LG Nürnberg-Fürth, Entscheidung vom 30.11.2021 – 7 S 5584/20
BGH Karlsruhe, Entscheidung vom 26.04.2023 – VIII ZR 420/21
Dr. Jens Wengeler, ihr Rechtsanwalt bei Fragen rund um das Mietrecht in Castrop-Rauxel hilft Ihnen gerne weiter.
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